Katholische Kirche St. Bartholomäus zu Tietelsen/Rothe

Zur Geschichte der Pfarrei

Einiges mag dafür sprechen, dass die Pfarrei in Tietelsen als Eigenkirche gegründet wurde. Für das Jahr 1337 ist jedenfalls ein Pfarrer belegt, woraus auch geschlossen werden kann, dass die Kirche selbst vermutlich älter ist. Von wem indessen die Pfarrei tatsächlich gegründet wurde, ob als klösterliche Eigenkirche oder von einem weltlichen Grundherrn als Patronats-Eigenkirche, darüber geben die geschichtlichen Quellen keine Auskunft. Es gibt wissenschaftliche Überlegungen, die auf Verbindungen zur Pfarrei Edessen (Klus Edessen) hinweisen und damit auf die Edelherren von Amelunxen als mutmaßliche Patrone und Grundherren.
Welche Auswirkungen die Reformation in den Dörfern Tietelsen und Rothe hatte, ist in den Annalen nicht erwähnt. Der unselige 30-jährige Krieg hat großes Leid über diese Dörfer gebracht. Einem Visitationsbericht des Fürstbischofs Dietrich Adolf von der Recke zu Paderborn, aus dem Jahre 1656 ist zu entnehmen: „Die Pfarrei Tietelsen gehört zu den ärmsten Pfarreien weit und breit... die Kirche in Tietelsen war schon 20 Jahre öde und wüst gestanden.... sie war ruiniert und verdorben...“.
Aus dem Bericht geht ferner hervor: „Das Präsentationsrecht für den Pastor in Tietelsen stand den Herren von Juden in Borgholz zu, ihnen wurde auch die Gründung der Kirche zugeschrieben...“

Sehr eng mit der Kirchengeschichte in Tietelsen ist Pfarrer Petrus Prüssen (†1885) verbunden. Ursprünglich vom Generalvikariat in Paderborn nur als Aushilfe vorgesehen, führte er als Seelsorger über 57 Jahre ein tiefgläubiges, bewegtes Leben und wirkte als vielseitiger Helfer für seine Pfarrkinder.
Mit dem Tode von Pfarrer Anton Lammert (†1992), der 48 Jahre in Tietelsen segensreich wirkte, endete die Epoche eigenständiger Pfarrer in Tietelsen, die Betreuung erfolgte dann bis 2003 durch die Pfarrer von Beverungen.
Das Kirchengebäude
Pfarrer Franziskus Kösters wirkte von 1756 bis zu seinem Tode 1802 seelsorgerisch im Ort. In diese Zeit (1801) fällt die totale Zerstörung des alten Gotteshauses infolge eines Unwetters. Die Kirche – sie stand im Bereich des heutigen Friedhofes –  war einsturzgefährdet. Die Einwohner von Tietelsen und Rothe rissen das Gotteshaus ein und bauten die neue Kirche – an ihrem jetzigen Standort inmitten des Dorfes – zum Teil aus Baumaterialien der alten Kirche auf, jedoch ohne Turm und Sakristei. Bereits im November 1802 konnte die erste heilige Messe im neuen Gotteshaus gefeiert werden.
Der schlichte einschiffige Bau ist 21 m lang, 11 m breit mit einer Innenhöhe von 7 m. Die Einrichtungsgegenstände sind vermutlich aus der alten Kirche übernommen worden. Als arme bedürftige Pfarrei erhielt Tietelsen erst 1807 aus den durch Säkularisierung aufgehobenen Klosterkirchen Böddeken und Hardehausen Einrichtungsgegenstände geschenkt. Von Böddeken kamen die Kanzel, Beichtstühle und 18 Kirchenbänke und von Hardehausen erhielt die Kirche einen kleinen Altar. Mit dem Bau der Kirche ist auf dem Kirchenschiff ein Dachreiter errichtet worden. Die Gemeinderäte von Tietelsen und Rothe fassten 1902 den Beschluss einen Kirchturm zu bauen, der auch im gleichen Jahre errichtet worden ist. Seine Höhe beträgt 30,05 m. In seinem Gemäuer läuten seit 1992 drei Bronzeglocken zu den Gottesdiensten.
Die sichtbare Verbundenheit der Rother Bevölkerung zur Pfarrkirche in Tietelsen – in Rothe gibt es kein eigenes Gotteshaus – belegt ein neuer Glockenturm, der 1982 als Ersatz für den bisherige durch die Bewohner von Rothe errichtet worden ist. Die Turmglocke ruft die Gläubigen zum Gottesdienst in die Pfarrkirche zu Tietelsen.

Die Innenausstattung der Kirche

Den Berichten der Kirchenchronik ist zu entnehmen, dass es vor der Errichtung des heutigen Hochaltares bereits zwei kleinere Altäre in der Pfarrkirche zu Tietelsen gab, die allerdings wesentlich bescheidener in ihrer Ausgestaltung gewesen sein müssen. Unter Pfarrer Kracht (1936-1943) hat ein Unbekannter aus der Pfarrgemeinde den Hochaltar in seiner gegenwärtigen Fassung gestiftet, der durch den Bildhauer Christian Sauerland aus Warburg 1939 geschaffen worden ist. Er füllt mit 3 m Breite und 6,50 m Höhe die Rückwand des Chorraumes aus. Zentraler Bereich des Hochaltares ist das große Altargemälde, in sanften Farben gehalten, von Kirchenmaler Waldemar Wilke aus Paderborn geschaffen. Sehr ausdrucksvoll wird das Pfingstwunder dargestellt. An den Außenseiten des Altares sind zwei Standbilder angeordnet. Auf der rechten Seite der hl. Meinolfus, Gründer des Klosters Böddeken, aus dem die Barockkanzel in die Pfarrkirche kam. Er trägt ein Gotteshaus mit drei Türmen. Auf der linken Seite ist der Schutzpatron des Erzbistums Paderborn, der hl. Liborius, mit Bischofsstab und der heiligen Schrift dargestellt. Warum das Gotteshaus dem Apostel Bartholomäus geweiht wurde, ist bisher unerforscht. Seine Statue ist rechts im Chorraum auf einem kleinen Altar aufgestellt. Im Altarstein sind Reliquien des hl. Irenäus (um 178), Bischof von Lyon, des hl. Gaudentius (um 1008), Erzbischof von Gnesen, und des hl. Bonavita (um 1375), Franziskanerpater, eingefügt. Im Rahmen einer Kirchenrenovierung 1981 ist der Zelebrationsaltar aufgestellt worden.
Kaum ein Besucher unserer Kirche wird vermuten, dass der von außen recht einfach und bescheiden wirkende Saalbau ein einzigartiges Kunstwerk in sich birgt: eine prächtige Barockkanzel. Im Jahre 1704 für die Klosterkirche Böddeken aus Lindenholz geschaffen, gelangte sie 1807 in unsere Pfarrkirche. Um die geschnitzte Kanzelbrüstung sind von Blumengehängen getrennt, links beginnend Johannes der Täufer, die Evangelisten Markus, Matthäus, Lukas und Johannes dargestellt.
Im Zuge der Renovierungsarbeiten 2004-2006 an und in der Kirche erhielten weitere Statuen eue Standorte. Der Mutter Gottes Altar ist links neben dem Hochaltar angeordnet, der hl. Josef an der linken Raumseite und die Herz-Jesu Statue ist in einer Mauernische an der rechten Raumseite eingefügt. Für den Raumeindruck bedeutsam sind die farbig gestalteten Kirchenfenster. Sie wurden gestiftet, in der Werkstatt Otto Peters, Paderborn, gestaltet und im Kriegsjahr 1942 eingesetzt. In den Fenstern sind dargestellt – an der linken Seite – die hl. Kunigunde, die hl. Elisabeth, die hl. Hildegard; auf der rechten Seite: der hl. Kaiser Heinrich II., der hl. Albertus Magnus, der hl. Konradus v. Parzham.
Zu Beginn des Jahres 2012 ist in einer Mauernische des Eingangsbereichs (Turm) eine modern gestaltete Muttergottes-Ikone sowie ein Opferkerzenständer über einem steinernen Säulenteil  – vermutlich aus der alten Kirche stammend – angebracht worden.
(Erhard Weiß, OHP Tietelsen)